The Surplus

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Ève Chabanon: Le surplus, Ausstellungsansicht Bétonsalon - Centre d’art et de recherche 2020, Foto: Aurélien Mole

Organisator*innen: Bétonsalon – Centre d’art et de recherche (Paris), Westfälischer Kunstverein (Münster)
Teilnehmer*innen:
Mélanie Bouteloup, Ève Chabanon, Sophie Cras, Cédric Fauq, Philipp Kleinmichel, Johanna-Yasirra Kluhs, Rosanna Puyol, Kristina Scepanski
Daten: Januar 2020 – Oktober 2020
Orte: Bétonsalon – Centre d’art et de recherche (Paris), Westfälischer Kunstverein (Münster), Kunstakademie (Münster)

In Kooperation zeigen der Bétonsalon – Centre d’art et de recherche in Paris und der Westfälische Kunstverein in Münster die Ausstellung The Surplus der Künstlerin Ève Chabanon, die von einem umfangreichen Veranstaltungsprogramm begleitet wird. Es handelt sich um die erste Einzelausstellung der Künstlerin in Frankreich und in Deutschland.

Ève Chabanon beschreibt ihre künstlerische Praxis als „Spekulation über emotionale und praktische Bedürfnisse“ und ihr Projekt The Surplus als Wunsch, eine „alternative Geschichte der Produktion, des Konsums und der Herstellung im Exil“ zu schaffen. Die Verwendung ökonomischer Begriffe zeigt das Interesse der Künstlerin an globalen Finanzsystemen und deren legitimierenden Machtinstitutionen. In der Wechselbeziehung zwischen dem Individuum und dem Kollektiv hebt Chabanon hervor, dass das Persönliche politisch ist und dass es wichtiger denn je ist, alternative Formen zu den dominanten und unterdrückenden Systemen zu finden, in denen Bürger*innen agieren. Dieser ökonomische und existenzielle „Bruch“, den die Künstlerin in ihrer Situation als künstlerische Produzentin erlebt, wird mit Poesie und Aktivismus in Verbindung gesetzt.

Im Rahmen ihrer Ausstellungen im Bétonsalon und im Westfälischen Kunstverein findet eine Reihe transdisziplinärer Veranstaltungen mit dem Ziel statt, deutsch-französische Teilnehmer*innen zusammenzubringen, um über Wirtschaft in der bildenden Kunst zu sprechen. Das Programm steht für das Interesse sowohl der Künstlerin als auch der veranstaltenden Institutionen für Veranstaltungsformate, welche die Vermittlung und den Austausch von Ideen wie eine gemeinsame und generationenübergreifenden Herangehensweise fördern. Die Veranstaltungsreihe ist integraler Bestandteil des Ökosystems der Ausstellung und findet in einer eigens geschaffenen, die gezeigten Kunstwerke erweiternden Szenografie statt.

Ève Chabanon (*1989, Frankreich) lebt und arbeitet in Brüssel. Nach ihrem Abschluss an der Haute École des Arts du Rhin (HEAR) in Straßburg 2013 und dem Master „L’art contemporain et son exposition“ an der Sorbonne 2014 absolvierte sie 2016 die Open School East in London und Margate. Sie nahm an den Residenzprogrammen im White House in Dagenham 2017, dem FRAC Grand Large in Dünkirchen 2018 und Te Whare Hēra in Wellington in Neuseeland 2019 teil. Im Rahmen der letzten Residenz entstand ihre erste Einzelausstellung Eating Each Other. Für das Projekt Anti-Social Social Club: Episode One, The Chamber of the Dispossessed wurde sie 2018 mit dem Prix Sciences-Po für zeitgenössische Kunst ausgezeichnet. Arbeiten der Künstlerin wurden unter anderem im Rahmen von La Manutention, einem Performance-Programm im Palais de Tokyo 2018 oder in Gruppenausstellungen wie Les ruses de l’intelligence im Parc Saint Léger 2016, Le centre ne peut tenir à Lafayette Anticipations 2018 und take (a)back the economy im CAC Chanot, Clamart 2019 gezeigt.

  • 29.01.2020 – 25.04.2020: Ausstellung „Ève Chabanon: Le surplus“ im Bétonsalon – Centre d’art et de recherche (Paris)
  • 06.03.2020 – 07.03.2020: Übersetzungsworkshop von Fred Moten und Stefano Harneys „The Undercommons“ mit Cédric Fauq und Rosanna Puyol, Bétonsalon – Centre d’art et de recherche (Paris)
  • 11.07.2020 – 04.10.2020: Ausstellung „Ève Chabanon: The Surplus“ im Westfälischen Kunstverein (Münster)
  • Online-Diskussionsrunde mit Ève Chabanon, Mathilde Belouali-Dejean, Kristina Scepanski, Sophie Cras, Abdulmajeed Haydar, Johanna-Yasirra Kluhs, Ingrid Luquet-Gad und Inès Mesmar, online, Voranmeldung über die Webseite

Weitere Informationen:

Als Fortsetzung der Präsentation im Bétonsalon im März in Paris gibt die Ausstellung Chapter 3 der französischen Künstlerin Ève Chabanon (*1989 in Poissy) im Westfälischen Kunstverein weitere Einblicke in ihr diskursiv-performatives Langzeitprojekt, das um die ökonomische Kategorie des „Surplus“, des Mehrwerts kreist, und das sie 2016 mit dem Titel The Surplus of the non-producer begann. Chabanon greift hier mit ihrem Begriff der non-producer diejenige (unproduktive) Arbeit auf, die, nach marxistischem Verständnis, keinen Mehrwert schafft. Sie fasst hierunter im Speziellen KünstlerInnen, (Kunst-)HandwerkerInnen und andere Kulturschaffende, die sich aufgrund von Migration im Exil befinden und Schwierigkeiten haben, ihrer Profession nachzugehen.

In dem folgenden Video gibt die Künstlerin Einblicke in die Entstehung, Entwicklung und Perspektiven des Projekts.

2016 begann Chabanon ihre Arbeit mit einigen „non-producers“ aus der Region rund um Paris, mit denen sie eine Art „Denk-Kooperative“ gründete. Hier ging es um einen transkulturellen Austausch von Wissen und Fähigkeiten und um das Entwickeln einer Gemeinschaft. Aus diesem kollaborativen Prozess entwickelt Ève Chabanon eine raumgreifende Installation sowie Fragmente einer Videoarbeit. Die Ausstellung markiert somit einen Zwischenschritt, ein Durchatmen und eine Standortanalyse des so langwierigen und intensiven Projekts. Das Thema des Werts der eigenen (meist vermehrt immateriellen) Arbeit in der eigenen und/oder fremden Kulturlandschaft bleibt der rote Faden des Projekts.

Die erste institutionelle Einzelausstellung der Künstlerin in Deutschland ist bis zum 4. Oktober 2020 im Westfälischen Kunstverein in Münster zu sehen.

Während der Präsentation des Projekts im Bétonsalon in Paris lud Kurator Cédriq Fauq gemeinsam mit der Poetin und Mitbegründerin vom Independent-Verlag Brook Editions Rosanna Puyol Anfang März zu einem Übersetzungsworkshop. Ausgangspunkt des Workshops war ein Ausschnitt aus dem Kapitel 6 des Buches The Undercommons: Fugitive Planning & Black Study von Fred Moten und Stefano Harney, das im Deutschen 2016 bei Transversal Texts erschienen ist (Die Undercommons: Flüchtige Planung und schwarzes Studium). Der Workshop stieß auf großes Interesse und zog Stammpublikum wie Neugierige aller Generationen an:

 The Surplus <-> Chapter 3  Perspektive

 The Surplus <-> Chapter 3  Perspektive

 The Surplus <-> Chapter 3  Perspektive

 The Surplus <-> Chapter 3 Übersetzungsworkshop, Bétonsalon Paris, März 2020, Fotos: Adrien Lecerf Perspektive

Übersetzungsworkshop, Bétonsalon Paris, März 2020, Fotos: Adrien Lecerf